Ulla Schaffrath
GesundheitsberaterinNeben Bewegung ist intensive Entspannung wichtig um Verspannungen lösen zu können
Hast du Rückenschmerzen, dann hörst du bestimmt häufiger Ratschläge wie “Beweg dich mehr oder beweg dich richtig”. Das Bewegung hilft stimmt, aber wenn du Schmerzen hast, fällt dir gerade diese besonders schwer.
Doch nicht nur Bewegung, sondern auch Entspannung hilft dir, etwas gegen deine Rückenschmerzen zu tun. Daher ist mein Tipp gegen Rückenschmerzen “Entspanne dich gezielt und so tief wie möglich”.
Die häufigsten Rückenschmerzen beginnen meist mit Verspannungen der Rückenmuskulatur.
Durch PMR (Progressive Muskelrelaxation) oder auch PME (Progressive Muskelentspannung) genannt, erreichst du einen Zustand tiefer Entspannung, indem du bewusst und gezielt bestimmte Muskelgruppen anspannst und wieder entspannst.
Das Beste daran ist: Die Entspannung im PMR spürst du sofort! Mit PMR entspannst du deine Muskulatur ganz einfach selbst, vorhandene Verspannungen lösen sich und du bist den Rückenbeschwerden nicht mehr hilflos ausgeliefert. Auch Bewegung wird dir wieder leichter fallen.
Was macht deine Muskulatur und was bringt dir Entspannung durch Progressive Muskelentspannung gegen Rückenschmerzen?
Du gehst durch die Wohnung, greifst nach einer Tasse, veränderst deine Sitzposition oder wirfst einen Ball für deinen Hund. Damit dein Körper diese ganz natürlichen Bewegungen ausführen kann, benötigt er die Anspannung bestimmter Muskeln. Anschließend entspannen sich die Muskeln wieder, um sich für die nächste Bewegung vorzubereiten.
Durch Fehlhaltung, einseitige Belastung, Stress, Überbelastung sowie Bewegungsmangel wird das Gleichgewicht zwischen Anspannung und Entspannung der Muskeln gestört.
Die Folgen sind:
- Schmerzende Verspannungen
- Muskelkrämpfe
- Zittern des Muskels
Dem kannst du mit PMR gezielt entgegenwirken und vorbeugen.
Anspannen und locker lassen mit PMR nach Jacobsen
Diese Entspannungsmethode wurde durch den amerikanischen Arzt Edmund Jacobsen am Anfang des letzten Jahrhunderts entwickelt.
Er beobachtete, dass psychische Faktoren wie Alltagsstress, innere Unruhe und Ängste auch zu muskulären Verspannungen führen und folgerte daraus, dass dies auch umgekehrt funktionieren müsste.
Also Entspannung durch muskuläre Anspannung.
Er stellte fest, dass durch die Anspannung der Muskulatur und das anschließende Lockern ein körperliches Ruhegefühl und eine psychische Entspannung eintritt. Denn nicht nur die Psyche wirkt auf den Körper, sondern auch umgekehrt.
Zur heutigen Zeit sind neben den psychischen Belastungen noch weitere Faktoren, wie z.B. die bereits genannte Fehlhaltung, für die Entstehung muskulärer Verspannungen verantwortlich.
Auch hier hilft PMR, da mit diesem Entspannungsverfahren auch sehr gut die tiefen Muskelschichten angesprochen und gezielt entspannt werden.
Wie funktioniert Progressive Muskelentspannung gegen Rückenschmerzen?
Es ist ganz einfach: Am Anfang beginnst du mit der Langform der PMR. Du spannst in kurzer Abfolge 16 Muskelgruppen von Kopf bis zu den Füßen nacheinander an und lässt sie wieder locker. Die gesamte Übung dauert ca. 20 – 30 Minuten.
Die 5 Phasen der Übung:
Spüren – du konzentrierst dich dabei auf die jeweilige Muskelgruppe und nimmst wahr was du spürst
Anspannen – der Muskelgruppe, auf die du dich konzentrierst, die Spannung sollte spürbar sein, aber nicht verkrampft
Spannung halten – für ca. 5 – 10 Sekunden. Deine Aufmerksamkeit bleibt weiterhin bei der Muskelgruppe
Loslassen – du lässt die Muskelspannung wieder langsam los
Nachspüren – deine Aufmerksamkeit bleibt für ca. 30 Sekunden bei der Muskelgruppe, du versuchst wahrzunehmen, was du empfindest und dies möglichst, ohne dies zu bewerten
Bist du geübter, werden mehrere Muskelgruppen gleichzeitig angespannt und losgelassen – zuerst 7 und dann 4 Muskelgruppen. Dadurch reduziert sich die Übungszeit auf ca. 5 – 10 Minuten.
Als “Könner” fällt auch nach und nach das aktive Anspannen der Muskulatur weg, da du gelernt hast, Anspannungen in deinem Körper wahrzunehmen und nur noch gezielte Entspannungsphasen einsetzt.
Verbindest du diese Entspannungsphasen zusätzlich mit deiner Ausatmung und einem Wort, welches du vorher festlegst (z.B. “ruhig”), ist es dir möglich, durch das Atmen oder dem Gedanken an dieses Wort in einen entspannten Zustand zu gelangen.
Dies wird konditionierte Entspannung genannt. So kannst du überall wo du dich gerade befindest, ob auf der Arbeit oder in der Bahn, einfach eine kurze Entspannungsübung durchführen.
Bei der PMR übst du nicht nur das bewusste Wahrnehmen von Anspannung und Entspannung, sondern du erzeugst auch den Effekt, dass die Entspannung von Muskelgruppe zu Muskelgruppe übertragen wird.
Darauf folgen wiederum weitere Entspannungsprozesse im ganzen Körper, die sogar deine Tiefenmuskulatur ansprechen. Zudem erlangst du ein neues Körperbewusstsein und nimmst entstehende Verspannungen frühzeitig wahr – so kannst du leicht gegen diese vorgehen.
Wenn du mit der PMR beginnst, hilft es täglich zu üben – dafür bietet sich die Zeit vor dem Schlafengehen sehr gut an.
Du kannst PMR im Sitzen und im Liegen durchführen. Hier ein erster Einblick zu beiden Varianten:
Ein Tipp für eine Schnellübung
Mit dieser Sonderform der PMR entspannst du blitzschnell deinen gesamten Körper!
Die Ampelübung: Dabei spannst du für ca. 4 – 7 Sekunden alle Muskelgruppen (Hände, Arme, Schultern, Gesicht, Gesäß, Beine und Füße) gleichzeitig an. Anschließend lässt du die Spannung wieder komplett los und konzentrierst dich auf die Ausbreitung des Entspannungseffekts im ganzen Körper.
Diese Übung wird so genannt, da du sie in der kurzen Zeit einer Ampelphase durchführen kannst.
Wie und wo lernst du Progressive Muskelentspannung?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten PMR zu erlernen:
Kurse vor Ort oder Online
Die Gruppenkurse werden meist von selbstständigen Entspannungstherapeuten oder Entspannungstrainern auch in deiner Nähe angeboten. Hier empfiehlt sich die Suche über Google, um einen Kurs in deiner Nähe zu finden.
Auch Online-Kurse werden zum PMR angeboten. Ein mögliches Online-PMR-Angebot findest du in dieser Kurs-Vorstellung:
Du kannst auch einen Kurs bei der Volkshochschule besuchen. Über den vhs-Kursfinder findest du Angebote in deiner Nähe.
Natürlich kannst du auch einfach bei deiner Krankenkasse nachfragen. Dort bekommst du eine Liste von Entspannungstherapeuten in deiner Nähe, welche auch von der jeweiligen Krankenkasse anerkannt sind.
Der Vorteil daran ist: Du kannst dir einen Teil der Kosten erstatten lassen. Näheres dazu erfährst du von deiner Krankenkasse.
Generell gilt: Um die Kosten erstattet zu bekommen, muss der Entspannungstherapeut und der angebotene Kurs durch die Zentrale Prüfstelle Prävention anerkannt sein. Zudem musst du mindestens 80% des Kurses absolviert haben.
Frage einfach beim ersten telefonischen Kontakt mit dem Therapeuten nach, ob der angebotene Kurs erstattungsfähig ist.
PMR anhand einer CD erlernen
Weitere sehr bequeme Möglichkeiten sind PMR anhand einer CD zu erlernen. Dabei fehlt, im Vergleich zu einem Kurs, natürlich die Unterstützung durch den Therapeuten, der die Übungen anleitet, aufkommende Fragen beantwortet und auch einige theoretische Zusammenhänge zum Thema Entspannung vermittelt.
Unterstützung durch Video-Anleitungen
Meine Empfehlung für gute Video-Anleitungen ist der YouTube-Kanal von BodyMindPower.
Dort findest du auch Links zu einer speziellen App mit weiteren tollen Anleitungen.
Meine Antwort auf eine der häufigsten Befürchtungen
Denkst du nun auch: “Ja klar, das hört sich jetzt alles ganz toll an, aber Entspannung zu lernen dauert zu lange – meine Rückenschmerzen habe ich JETZT!”
Eine gute Nachricht: Du wirst schon nach der ersten Entspannungseinheit eine Reduzierung deiner Schmerzen spüren, da deine Muskulatur sofort beginnt sich zu entspannen.
Und – je häufiger du die Übungen durchführst, desto schneller hast du auch eine generelle Verbesserung. So hilft Progressive Muskelentspannung gegen Rückenschmerzen.
Zudem kannst du dich auch wieder besser bewegen, was deiner Muskulatur zusätzlich guttut und weiteren Verspannungen entgegenwirkt.
Damit wären wir wieder am Anfang “Beweg dich mehr und beweg dich richtig” – jetzt kannst du es auch, ganz entspannt 🙂