Christina Frisch
Physiotherapeutin und Pilates-CoachPilates – Auch ein Präventionstraining?
Gibt es eine sinnvolle Schnittmenge der beiden Begriffe Prävention und Pilates, die über denselben Anfangsbuchstaben hinaus geht?
Der erste Blick in pubmed – die wissenschaftsbasierte Datenbank mit Fokus auf medizinische Artikel – liefert in jedem Fall mehr als eine Handvoll Treffer.
Und wer einmal nach zertifizierten Präventionsangeboten auf Basis der Pilatesmethode bei seiner Krankenkasse stöbert, wird auch schnell fündig.
Natürlich ist die Auswahl in Städten wie Berlin – hier gibt es im Großraum weit über 100 solcher Präventionskurse – anders als im ländlichen Raum.
In jedem Fall lässt sich aber schnell vermuten, dass Pilates & Prävention durchaus ein vertrautes Paar sein können.
Ich nehme Euch nun mit in die Welt der Bewegung, der Vorbeugung, der Gesundheit und dem achtsamen Blick auf sich und den Körper.
Prävention – Was steckt dahinter?
Prävention kommt zunächst einmal vom lateinischen Wort ‘praevenire’. Was so viel bedeutet wie zuvorkommen oder verhüten.
Dabei findet Prävention in verschiedenen Bereichen statt. In Bezug auf unsere Gesundheit werden mit dem Begriff Maßnahmen zusammengefasst, die das gemeinsame Ziel verfolgen, Krankheiten oder gesundheitliche Schädigungen zu vermeiden, das Risiko der Erkrankung zu verringern oder ihr Auftreten zu verzögern.
Dabei wird unterteilt in:
1) Zeitpunkt des Einsetzens – die sogenannte Primär- (um Krankheiten zu vermeiden), Sekundär- (um Krankheiten früh zu erkennen) und Tertiärprävention (um Krankheiten zu verringern).
2) Verhaltensprävention (bezieht sich auf den einzelnen Menschen) oder Verhältnisprävention (bezieht sich auf die Lebens- und Arbeitsumstände).
Prävention – Gesetzlicher Rahmen
Prävention ist gesetzlich verankert und sollte keineswegs nur zentrale Aufgabe ärztlichen Handelns sein.
Seit 2015 regelt das Präventionsgesetz das Zusammenwirken von Sozialversicherungsträgern, Ländern und Kommunen in den Bereichen Prävention und Gesundheitsförderung – für alle Altersgruppen und in vielen Lebensbereichen.
Bedeutsam ist dabei insbesondere der § 20 SGB V, welcher die Primärprävention thematisiert. Enthalten sind darin eine Vielfalt an Maßnahmen, die jede*r Versicherte*r nutzen kann.
Von Gesundheitskursen, die von zertifizierten Trainern und Therapeuten durchgeführt werden, über Früherkennungsuntersuchungen beim Arzt bis hin zu rehabilitativen Maßnahmen beim Physiotherapeuten und digitalen Angeboten ist der Bandbreite mittlerweile kaum eine Grenze gesetzt.
Dabei finden Gesundheitsfürsorge und Prävention mehr und mehr auch ihren Platz in Firmen und Büros. Zunehmend stellen auch Arbeitgeber ihren Mitarbeitern Angebote im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung zur Verfügung.
Der Spitzenverband der Krankenkassen (GKV) legt dabei die Qualitätskriterien für Anbieter von Präventionsmaßnahmen in seinem Leitfaden fest.
Pilates – Was steckt dahinter?
Pilates ist eine Trainingsmethode, die in den Anfängen des 20. Jahrhunderts von Joseph Hubertus Pilates entstand. Dabei befasste er sich mit den Zusammenhängen des menschlichen Körpers und entwickelte so ein Training, das Körper, Geist und Seele verband und zunächst unter dem Namen “Contrology” in den USA Einzug hielt.
Pilates ist ein Training der tiefliegenden Rumpfmuskulatur.
Es fördert die Kraft und Beweglichkeit, die Koordination und schult dabei die Wahrnehmung auf sich und den eigenen Körper. Die Übungsdurchführung erfolgt dabei achtsam und kontrolliert im eigenen Atem.
Ein neues Körperbewusstsein für die eigene Haltung, die Aufrichtung der Wirbelsäule, für Anspannung und Entspannung entsteht.
Ein Training, das für jeden auf der Trainingsmatte umsetzbar ist. Vielfältig einsetzbar beim (Wieder-)Einstieg in den Sport, als begleitendes Krafttraining zum Ausdauersport oder als Ausgleichstraining zum Büro-Alltag.
Im Pilatesstudio findet man zusätzlich noch die Möglichkeit an speziell entwickelten Pilatesgroßgeräten zu trainieren.
Zahlreiche Forschungsarbeiten befassen sich mit den gesundheitlichen Effekten von Pilates.
In diesem Zusammenhang sind unspezifische Schmerzen im unteren Rückenbereich exemplarisch zu nennen, bei denen Studien die Wirksamkeit in puncto Behandlung und Vorbeugung durch Pilates belegen.
Dieser wissenschaftsbasierte Fokus ist wichtiger Treiber, um die Methode immer weiterzuentwickeln.
Ist Pilates damit auch ein Präventionstraining?
Ganz klar, ja!
Mit dem Training wird die Tiefenmuskulatur angesprochen und trainiert. Diese Muskulatur ist für unsere Haltung, Aufrichtung und Stabilität wichtig. Sie stellt zudem die Basis für eine gut aufgerichtete Wirbelsäule dar.
Mit Pilates kommt man in Bewegung, kräftigt seine Muskeln, fördert die eigene Beweglichkeit und schult die Wahrnehmung auf den Körper.
Wer Haltung und Anspannung wahrnehmen kann, ist somit befähigt, selbstständig regulierend auf den eigenen Körper einzuwirken.
Somit stellt das Training auch einen stetigen Alltagsbegleiter dar – eine Grundvoraussetzung zur Prävention!
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind knapp 3/4 der Todesfälle auf 4 chronische Erkrankungen zurückzuführen: Herzkreislauf- und Lungenerkrankungen, Krebs sowie Diabetes.
Diese sogenannten Volkskrankheiten gehen wiederum mit 4 Risikofaktoren (Bewegungsmangel, schlechte Ernährung, Rauchen, erhöhtem Alkoholkonsum) einher.
Der GKV-Leitfaden Prävention trägt diesen Erkenntnissen Rechnung, indem er die Bedeutung einer gezielten und frühzeitig eingesetzten, individuellen Primärprävention hervorhebt.
Dem wesentlichen Risikofaktor körperliche Inaktivität kann also durch regelmäßig durchgeführtes Pilatestraining entgegengewirkt und damit der Entwicklung möglicher Beschwerden und Krankheiten am Bewegungsapparat, den inneren Organen und der Psyche vorgebeugt werden.
Jede*r hat die Möglichkeit frühzeitig etwas für sich und seinen Körper zu tun
Der winzige Haken heißt Eigenverantwortung.
Denn insbesondere die verhaltensbezogene Primärprävention, zu denen eben auch zertifizierte Pilateskurse zählen, sind nun mal an regelmäßiges, eigenes Tun geknüpft.
Das Präventionsdilemma: Nicht selten nutzen die ohnehin schon Gesunden und Fitten solche Präventionsangebote. Der Bedarf ist aber bei den “Nichtteilnehmenden” meist ungleich größer.
Hier können digitale Präventionsangebote mitunter weniger Einstiegsbarriere bedeuten als Präsenskursmodelle und eine echte Option für die Zukunft darstellen.
Grundsätzlich empfiehlt die WHO als Mindestbewegung zur Gesunderhaltung 150 min. moderate, aerobe Aktivität (z.B. Spazierengehen, mit dem Fahrrad zur Arbeit) in der Woche sowie mindestens 2 mal pro Woche Kräftigungsübungen für die Muskeln zu absolvieren.
Hier liefert Pilatestraining einen wertvollen Beitrag. Die gesetzlichen Krankenkassen (teilweise auch die privaten Krankenversicherungen) bezuschussen Pilateskurse, sofern diese nach dem “Deutschen Standard Prävention” zertifiziert sind.
Auch Online Pilates als Präventionskurs
pilaME ist die erste Präventionsplattform für pilatesbasiertes Online-Training in Deutschland. Flexibilität ist hierbei der große Vorteil, denn die User können die Einheiten wann und wo sie wollen absolvieren.
Auf dieser Seite findet Ihr ein kurzes pilaME Vorstellungsvideo in dem wir noch einmal zusammenfassen, warum wir so von Pilates als Präventionsangebot für die Gesundheit überzeugt sind.
Dieses digitale Präventionsangebot wird von den Krankenkassen anerkannt und darum in der Regel mit 80 bis 100% der Kursgebühr bezuschusst.
Fazit:
Ob digital oder live im Studio: Das Wichtigste ist die regelmäßige Bewegung, um Krankheiten vorzubeugen.
Hier möchte ich mit den Worten von Sebastian Kneipp schließen: “Wer nicht jeden Tag etwas für seine Gesundheit aufbringt, muss eines Tages sehr viel Zeit für die Krankheit opfern.”
Quellen:
(a) M. C. Alves et al.: Effects of a Pilates protocol in individuals with non-specific low back pain compared with healthy individuals: Clinical and electromyographic analysis. Clin. Biomech. (2020), 72, 172-178. DOI: 10.1016/j.clinbiomech.2019.12.009
(b) GKV-Spitzenverband: Leitfaden Prävention Handlungsfelder und Kriterien nach § 20 Abs. 2 SGB V (2020)
(c) Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention (2015)
(d) World Health Organization: Noncommunicable Diseases (NCD) Country Profiles (2018)
(e) World Health Organization: WHO Guidelines on Physical Activity and Sedentary Behaviour (2020)