Die Kunst des Motivational Interviewing – Fallen und Fehler vermeiden

Die Kunst des Motivational Interviewing – Fallen und Fehler vermeiden

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Als Fachkraft in der Physiotherapie und Bewegungstherapie weißt du, wie wichtig es ist, deine Patienten auf ihrem Weg zur Veränderung zu unterstützen. Motivational Interviewing (MI) ist eine äußerst effektive Methode, um genau das zu erreichen. Doch wie kannst du sicherstellen, dass du Motivational Interviewing optimal einsetzt und dabei die häufigsten Fehler vermeidest?

Der Physiotherapeut und Coach Nils Boettcher erklärt dir hier, in welche typische Fallen du bei der Begleitung einer Verhaltensänderung tappen kannst und wie Motivational Interviewing dir dabei helfen kann, diese zu umgehen. In diesem ausführlichen Artikel zeigt er dir die entscheidenden Schritte auf, um Fehler beim MI zu vermeiden und gleichzeitig deinen Nutzen zu maximieren. Noch mehr Informationen zum Thema bekommst du zudem in seinem verlinkten kostenlosen eBook.
Profilbild Nils Boettcher

Nils Boettcher

Physiotherapeut und Experte für Verhaltensänderung

Einführung in Motivational Interviewing

Bevor wir uns den Fehlern und deren Vermeidung zuwenden, lass uns kurz das Motivational Interviewing oder MI genauer betrachten.

MI ist eine Art des Führens, oder besser Coachens, um die Eigenmotivation des Gegenübers hervorzulocken und zu stärken. Dabei bewegst du dich im Gespräch meist in der Mitte zwischen den Polen „direktives Vorgehen oder auch Lenken“ und dem „non-direktiven Folgen“.

Dieses Konzept ermöglicht es dir, den Prozess einer Veränderung zu fördern, indem du einfühlsam und partnerschaftlich, und trotzdem effizient, mit deinem Patienten arbeitest.

Falls du die Grundlagen noch nicht gelesen hast, schau dir die zwei Artikel an:

MI ist kein starres Regelwerk, sondern eine Herangehensweise, die Feinheiten und Nuancen erfordert. Dein Verständnis und deine Anwendung von MI werden sich im Laufe der Zeit weiterentwickeln, während du mehr Erfahrung sammelst.

Doch selbst erfahrene Motivational Interviewing-Praktiker können in bestimmte Fallen tappen oder typische Fehler machen, die den Erfolg beeinträchtigen können.

Diese Dinge solltest du beim Motivational Interviewing vermeiden

Anhand von diesen vier typischen Fallen kannst du dir deine eigene Vorgehensweise in Gesprächen bewusster zu machen. Und du gehst ihnen zukünftig noch bewusster aus dem Weg!

Sei auch mal kein Experte – Die Expertenfalle

Als Experte in deinem Bereich verfügst du über ein wertvolles Fachwissen.

Es ist jedoch entscheidend zu erkennen, dass du nicht der Experte für das Leben deiner Patienten bist. Deine Patienten sind Experten für ihre eigenen Erfahrungen und Bedürfnisse.

Wenn du dich bei dem Thema Verhaltensänderung zu sehr in die Rolle des Experten drängst, könnten sich deine Patienten bevormundet und eingeschränkt fühlen.

Nutzen für dich: Indem du von Anfang an eine kooperative und partnerschaftliche Herangehensweise betonst, kannst du das Vertrauen deiner Patienten gewinnen und ihre Selbstbestimmung stärken.

Du lernst, ihre Stärken und Erfahrung zu schätzen und arbeitest gemeinsam an Lösungen.

Eine wichtige Technik, um die Expertenfalle zu vermeiden, ist: Stelle Fragen, die deinen Patienten zum Reflektieren anregen. Das sind offene Fragen, die deine Patienten über ihre eigenen Gedanken, Gefühle und Ziele nachdenken lassen.

Dadurch erkennen sie, dass du ihre Expertise und ihr inneres Wissen respektierst.

Überrede niemanden – Die Überredungsfalle

Der Versuch, deine Patienten zu überzeugen, kann dazu führen, dass sie sich gegen Veränderungen sträuben. Statt zu überreden, ist es effektiver, gute Fragen zu stellen und bewusst zuzuhören.

Nutzen für dich: Indem du die Bedenken und Wünsche deiner Patienten ernst nimmst, kannst du ihre Motivation zur Veränderung stärken.

Du lernst, dich einfühlsamer auf sie einzustellen und entwickelst eine bessere Kommunikation.

Eine effektive Technik, um die Überredungsfalle zu vermeiden, ist die Nutzung von reflektierendem Zuhören. Hierbei spiegelst du die Gedanken und Gefühle deiner Patienten wider, anstatt gegen ihre Bedenken anzugehen.

Das ermöglicht ihnen, sich gehört und verstanden zu fühlen.

Eile nicht voraus – Die Zeitfalle

Der Druck, schnelle Ergebnisse zu erzielen, kann dazu führen, dass du dich beeilst und deine Patienten überforderst. Veränderungen erfordern Zeit und Geduld.

Nutzen für dich: Indem du geduldig bleibst und den Prozess respektierst, kannst du langfristige Veränderungen fördern.

Du lernst, die individuellen Zeitpläne deiner Patienten zu akzeptieren und die Zusammenarbeit zu stärken.

Um die Zeitfalle zu vermeiden, ist es hilfreich, eine realistische Perspektive auf Veränderungen zu entwickeln. Verinnerliche, dass die meisten Veränderungen schrittweise erfolgen und Rückschläge normal sind.

Das bedeutet nicht, dass du die Ziele aus den Augen verlieren sollst, sondern dass du die kleinen Fortschritte deiner Patienten schätzt und feierst.

Verliere nicht dem roten Faden – Die Falle des Umherschweifens

Mitfühlen und Zuhören ist wichtig, aber es ist auch entscheidend, den Fokus zu behalten. Wenn Gespräche ziellos umherschweifen, kann die Effektivität von MI abnehmen.

Nutzen für dich: Indem du den Fokus auf die Ziele deiner Patienten hältst, kannst du gezieltere Unterstützung bieten.

Du lernst, wie du die Gespräche sinnvoll lenken kannst, um die Motivation deiner Patienten zu steigern. Um die Falle des Umherschweifens zu vermeiden, ist es ratsam, klare Zielsetzungen zu definieren und gemeinsam mit deinen Patienten an einem konkreten Aktionsplan zu arbeiten.

Dies schafft eine klare Struktur für eure Gespräche und sorgt dafür, dass ihr eure Zeit effizient nutzt.

Was Motivational Interviewing nicht ist

Es ist ebenso wichtig zu verstehen, was MI nicht ist. Diese Klarstellungen helfen dir, Motivational Interviewing effektiv anzuwenden und Fehler zu vermeiden.

MI bedeutet nicht, einfach nur nett zu sein

Motivational Interviewing ist keine oberflächliche Freundlichkeit, sondern eine strategische Herangehensweise, um Veränderungen zu fördern.

Nutzen für dich: Du erkennst, dass MI eine strukturierte Methode ist, die auf klaren Prinzipien beruht. Du lernst, wie du diese Prinzipien in deiner Arbeit integrieren kannst. Eine effektive Methode, um die Nettigkeitsfalle zu vermeiden, besteht darin, dich auf die vier Stufen von MI zu konzentrieren.

Das Bild zeigt das Stufenmodell für die vier Prozesse im Motivational Interviewing in der Praxis.

(Hier erfährst du mehr zum Stufenmodell und wie du Motivational Interviewing in deiner Praxis wirkungsvoll einsetzt.)

Nach dem Aufbau einer therapeutischen Allianz klärt ihr gemeinsam den Auftrag. Danach lockst du die Motivation des Patienten – sein Warum – hervor und planst du mit ihm die Umsetzung – das Wie.

Durch die Anwendung von MI bewegst du dich absichtlich und strategisch in Richtung eines oder auch mehrerer spezifischer Ziele.

Es ist keine Technik, sondern ein komplexer Stil

MI ist kein schneller Trick, den du einfach aus dem Ärmel schüttelst, wenn es gerade passt. Es erfordert Zeit und Übung, um die Feinheiten von MI zu beherrschen. Es ist eher eine Art und Weise mit Menschen in Kontakt zu treten und umzugehen.

Nutzen für dich: Du wirst geduldiger und entwickelst deine MI-Fähigkeiten im Laufe der Zeit. Du verstehst, dass MI ein vielschichtiger Ansatz ist, der kontinuierliche Verbesserung erfordert.

Um nicht nur eine „Technik“ zu nutzen (z.B. nur offene Fragen zu stellen oder aktiv zu zuhören), solltest du kontinuierlich an deinen Fähigkeiten arbeiten und dir bewusst sein, dass MI ein Prozess ist, der Zeit und Übung erfordert.

Es ist kein Allheilmittel

MI ist nicht die Lösung für alle Situationen.

Ist dein Patient bereist hochmotiviert, braucht es gar keine Intervention von dir. Spricht dein Gegenüber eine andere Sprache oder ist kognitiv nicht in der Lage sich zu reflektieren, wird die Anwendung nicht ausreichen.

Der Vorteil ist, dass du es mit deiner individuellen Arbeitsweise und anderen Ansätzen kombinieren kannst.

Nutzen für dich: Du erkennst die Flexibilität von MI und lernst, wie du es in verschiedenen Kontexten anwenden kannst. Du wirst auch offener für andere Ansätze, die in bestimmten Situationen besser geeignet sein könnten.

Es ist keine Methode, um Menschen zu zwingen

MI kann nicht verwendet werden, um Motivation zu erzeugen, die nicht bereits vorhanden ist. Es respektiert die Autonomie der Patienten.

Nutzen für dich: Du entwickelst eine respektvolle und partnerschaftliche Herangehensweise, um die Selbstbestimmung deiner Patienten zu fördern. Du lernst, dass Veränderungen dann am nachhaltigsten sind, wenn sie aus dem inneren Antrieb heraus erfolgen.

Was hast du sonst noch davon?

Du fragst dich vielleicht, was du persönlich aus dem Anwenden von MI ziehen kannst. Hier sind einige konkrete Vorteile:

  • Du verbesserst die Ergebnisse

Durch die Vermeidung von Fehlern und die effektive Anwendung von MI kannst du bessere Ergebnisse bei der Unterstützung deiner Patienten bei Veränderungen erzielen. Du wirst feststellen, dass deine Patienten motivierter sind, ihre Ziele zu erreichen, und dass die Wahrscheinlichkeit von Rückfällen reduziert wird.

  • Du optimierst deine Kommunikation

MI stärkt deine Kommunikationsfähigkeiten, was nicht nur in deinem beruflichen, sondern auch in deinem persönlichen Leben von Vorteil ist. Du wirst in der Lage sein, effektiver auf die Bedürfnisse und Wünsche anderer einzugehen und Konflikte konstruktiver zu lösen.

  • Du sparst Zeit und Ressourcen

MI hilft dir, deine Zeit effizienter zu nutzen, da du weniger Zeit mit Überredungsversuchen und Diskussionen über Unwichtiges verschwendest. Du kannst dich auf diejenigen Aspekte konzentrieren, die deinem Patienten wirklich wichtig sind.

  • Du steigerst deine Fachkompetenz

MI erweitert deine Fähigkeiten als Therapeutin. Du lernst, wie du die Motivation deiner Patienten gezielt ansprechen kannst, um sie zu einer aktiven Beteiligung an ihrer Gesundheit zu motivieren.

  • Du machst deine Patienten noch zufriedener

Indem du die Bedenken und Ziele deiner Patienten in den Mittelpunkt stellst, schaffst du zufriedenere und motivierte Patienten. Sie werden sich gehört und verstanden fühlen, was die Qualität deiner Betreuung verbessert.

  • Du wirst persönlich zufriedener

Die Fähigkeit, Menschen auf ihrem Weg zur Veränderung zu unterstützen, kann persönliche Zufriedenheit und Erfüllung bringen. Du wirst feststellen, dass deine Arbeit einen positiven und nachhaltigen Einfluss auf das Leben deiner Patienten hat.

Mein Fazit um typische Fehler und Fallen beim Motivational Interviewing zu vermeiden

Insgesamt ist Motivational Interviewing eine kraftvolle Methode, um deine Fähigkeiten als Fachkraft in der Physiotherapie und Bewegungstherapie zu erweitern und gleichzeitig deine Patienten auf ihrem Weg zur Veränderung zu unterstützen.

Indem du die häufigsten Fehler vermeidest und Motivational Interviewing effektiv einsetzt, kannst du nicht nur den Nutzen für deine Patienten maximieren, sondern auch für dich selbst. Es ist eine Win-Win-Situation, die zu besseren Ergebnissen und einem erfüllteren Arbeitsalltag führen kann.

Denke daran, dass MI kein starres Konzept ist, sondern eine Fähigkeit, die du kontinuierlich verbessern kannst. Nutze die Prinzipien von MI, um eine kooperative Beziehung zu deinen Patienten aufzubauen, ihre Motivation zu stärken und langfristige Veränderungen zu fördern.

Auf diese Weise wirst du nicht nur ein effektiverer MI-Praktiker, sondern auch ein wertvoller Unterstützer für die Menschen, die auf deine Expertise und Empathie zählen.

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Literatur zum Thema Motivational Interviewing

W.R. Miller, S. Rollnick: Motivational Interviewing: Helping People Change and Grow. 4. edition (2023), Guilford Press. ISBN: 9781462552795

W.R. Miller, S. Rollnick: Motivierende Gesprächsführung: Motivational Interviewing. 3. Auflage (2015), Freiburg: Lambertus. ISBN: 9783784127507

S. Rollnick, W.R. Miller, C.C. Butler: Motivierende Gesprächsführung in den Heilberufen. (2012), Probst Verlag: Lichtenau/Westf. ISBN: 3981338979

Profilbild Nils Boettcher

Nils Boettcher

Physiotherapeut und Experte für Verhaltensänderung

Hi, ich bin Nils, Physiotherapeut seit 1999 und Experte für Verhaltensänderung.

Bereits in meinen ersten Berufsjahren habe ich erkannt, dass Klienten und Patientinnen trotz Tipps und Aufklärung nicht immer umsetzen, was der Gesundheitsexperte empfiehlt.

Damit dieses Umsetzen von Übungen im Alltag nachhaltig klappt, muss der Mensch Eigenverantwortung übernehmen und am besten auch intrinsisch motiviert sein. Aber, ist es möglich, diese Einflussfaktoren wirksam zu steigern?

Die Antwort lautet eindeutig JA! Es gibt Strategien und Methoden. Und seit über 15 Jahren gebe ich meine Erfahrung und das praktisches Wissen zum Thema Verhaltensänderung in Seminaren und Workshops weiter, von denen bisher über 3.500 Teilnehmer:innen profitiert haben.

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