
Mathias Etteldorf
Physiotherapeut und Schmerzspezialist (MSc)Was genau ist Arthrose?
Arthrose ist eine der häufigsten Gelenkerkrankungen weltweit. Meist entwickelt sie sich schleichend und betrifft typischerweise Gelenke wie Knie, Hüften oder auch Schultern.
Wichtig ist dabei: Arthrose ist nicht gleich Schmerz.
Viele Menschen zeigen deutliche Veränderungen auf dem Röntgenbild – haben aber keinerlei Beschwerden. Umgekehrt berichten andere über starke Schmerzen, obwohl bildgebende Verfahren kaum Auffälligkeiten zeigen.
Arthrose ist also weit mehr als eine reine “Abnutzung” der Gelenke. Faktoren wie Entzündungen, ein anhaltend hohes Stresslevel oder Rauchen begünstigen die Entstehung von Schmerzen bei Arthrose.
Der Mythos vom „Knochen-auf-Knochen“
Ein Begriff, der sich in den Köpfen vieler Betroffener festgesetzt hat, lautet: „Da reibt schon Knochen auf Knochen.“ Doch in den meisten Fällen ist diese Beschreibung irreführend.
Selbst in fortgeschrittenen Stadien ist der Gelenkspalt – also der Raum zwischen den Knochen – noch vorhanden. Das zeigt sich auf Röntgenbildern: Hier ist nicht der Knorpel direkt sichtbar, sondern der Abstand zwischen den Knochen, der als indirektes Zeichen für den Knorpel gilt.
Wird dieser Spalt enger, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass der Knochen „reibt“. Diese falsche Überzeugung führt dazu, dass von Bewegung abgeraten wird und Betroffene sich mehr schonen, da sie Angst haben das Gelenk zusätzlich zu schädigen. In der Folge passiert aber genau das Gegenteil: Durch die vermehrte Schonung werden die Gelenke weniger belastbar, steifer und häufig schmerzhafter.
Dabei wäre genau das Umgekehrte richtig: ein angepasstes Bewegungs- und Trainingsprogramm für diese Menschen. Denn durch Bewegung die regelmäßige Bewegung wird Muskulatur aufgebaut, die Beweglichkeit der Gelenke verbessert und langfristig kommt es zu einer Abnahme der Schmerzen.
Zudem gibt es keine Nerven im Knorpelgewebe. Schmerzen entstehen meist durch Reizungen der Gelenkkapsel, der umgebenden Muskulatur oder durch entzündliche Prozesse. Häufig sind es diese entzündlichen Prozesse, die die Schmerzen verursachen. Gehen diese entzündlichen Prozesse zurück, nehmen in der Regel auch die Schmerzen wieder ab.
Die Vorstellung eines blanken Knochens, der schmerzhaft über anderen Knochen schleift, ist also häufig übertrieben – und trägt dazu bei, dass Betroffene voreilig an eine Operation denken.
Warum Bewegung keine Gelenke zerstört
Einer der größten Irrtümer: Bewegung sei schädlich für arthrotische Gelenke. Dabei zeigt die Wissenschaft das Gegenteil.
Gezielte, angepasste Bewegung kann helfen, die Ernährung des Knorpels zu verbessern. Denn Knorpelgewebe besitzt keine eigene Blutversorgung – es wird durch die sogenannte Diffusion ernährt.
Nur wenn das Gelenk bewegt wird, kommt es zu einem Wechsel von Druck und Entlastung. Dieser Mechanismus wirkt wie ein Schwamm: Alte Flüssigkeit wird herausgepresst, neue aufgenommen.
Übersetzt man diesen Vorgang auf die Gelenke bedeutet das, dass Abfallstoffe aus dem Gelenk transportiert werden und zugleich Nährstoffe, die für die Regeneration des Gelenks wichtig sind, in das Gelenk gelangen können.
Bewegung ist also einer der Schlüssel für die effektive Behandlung von Arthrose.
Darüber hinaus stärkt Bewegung die umgebende Muskulatur, verbessert die Gelenkführung und kann Entzündungsprozesse positiv beeinflussen.
Natürlich kommt es auf das „Wie“ an – übermäßige Belastung kann kontraproduktiv sein und es ist wichtig die Belastung stufenweise zu steigern, damit sich Gelenke und Muskeln an die Belastung gewöhnen können und die Bewegungstherapie ihre volle Wirksamkeit entfalten kann.
Mit fachlicher Anleitung ist Bewegung ein zentrales Element der Behandlung bei Arthrose.
Leben mit Arthrose – auch ohne OP
Viele Patientinnen und Patienten fragen sich: Was kann ich tun, wenn ich keine Operation möchte? Die Antwort: eine ganze Menge.
Konservative Behandlungsmethoden sind vielfältig – und vor allem wirkungsvoll, wenn sie frühzeitig begonnen und konsequent umgesetzt werden. Dazu zählen unter anderem:
- Physiotherapie: Individuelle Übungen zur Verbesserung von Beweglichkeit, Muskelkraft und Koordination
- Manuelle Therapie: Behandlung von Funktionsstörungen in Gelenken und Gewebe
- Medizinisches Aufklärungsgespräch: Verständnis über Schmerzmechanismen reduziert Angst und übermäßige Schonung
- Schmerzbewältigung: Gezielte Techniken zur Kontrolle und Reduktion chronischer Schmerzen
- Anpassung des Lebensstils: Therapeutische Unterstützung, um einen gesünderen Lebensstil anzunehmen, denn Lebensstilfaktoren wie Rauchen, Schlafmangel, Stress und unausgewogene Ernährung haben einen großen Einfluss auf die Schmerzentstehung bei Arthrose sowie ihr Fortschreiten
Ein modernes Beispiel für einen solchen multimodalen Ansatz ist das Konzept „Schmerz Pro“. Es vereint fundierte Aufklärung über den Schmerz, individuelle Bewegungstherapie und die gezielte Arbeit an Alltagsverhalten und Selbstwirksamkeit. Dabei steht der Mensch im Mittelpunkt – nicht nur sein Gelenk.
„Schmerz Pro“ orientiert sich an aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und berücksichtigt neben der körperlichen Ebene auch psychologische und soziale Faktoren. Denn Schmerzen sind nie nur mechanisch bedingt – sie sind das Ergebnis vieler Einflüsse. Ziel ist es, die Lebensqualität zu verbessern, Ängste abzubauen und wieder Vertrauen in den eigenen Körper zu gewinnen.
Viele Betroffene berichten, dass sie durch dieses strukturierte Vorgehen mehr Verständnis für ihren Schmerz entwickeln – und dadurch wieder aktiver und selbstbestimmter ihren Alltag gestalten können.
Die Erfahrung zeigt: Wer gut informiert ist und weiß, wie er sich sinnvoll bewegen kann, hat deutlich bessere Chancen auf langfristige Besserung – auch ohne Operation.
Häufige Fragen zu Arthrose (FAQ)
Was kann ich tun, wenn ich morgens starke Schmerzen habe?
Morgendliche Steifheit ist typisch bei Arthrose. Ein sanftes Mobilisationsprogramm im Bett, leichte Wärmeanwendungen oder kurze Spaziergänge helfen häufig, in Gang zu kommen.
Ist Sport bei Arthrose wirklich erlaubt?
Ja – sogar erwünscht! Wichtig ist eine angepasste sportliche Aktivität an Ihr aktuelles Belastungsniveau.
Zu Beginn können das Sportarten wie z.B. Fahrradfahren oder Schwimmen sein. Wenn Sie aber am Ball bleiben, können Sie auch möglicherweise belastendere Sportarten wie z.B. Tennis oder Volleyball wieder durchführen.
Ihr Therapeut kann Sie hier individuell beraten und gemeinsam mit Ihnen einen Trainingsplan entwickeln, damit Sie Ihr gewünschtes Aktivitätsniveau wieder erreichen.
Welche Therapieformen sind sinnvoll?
Je nach Stadium und Beschwerden sind Kombinationen aus aktiver Bewegungstherapie, manueller Behandlung, Wärme – oder Kälteanwendungen sowie edukativen Maßnahmen sehr wirksam.
Wichtig ist es in der Therapie auch psychosoziale Aspekte wie z.B. Bewegungsangst oder Einsamkeit zu berücksichtigen, denn sie spielen auch eine wichtige Rolle für die Schmerzentstehung bei Arthrose.
Außerdem sollte auch auf Lebensstilfaktoren eingegangen werden wie z.B. Schlafverhalten, ausgewogene Ernährung und Stressmanagement.
Wann ist eine Operation sinnvoll?
Eine Operation sollte gut überlegt sein. Wenn konservative Maßnahmen über längere Zeit keine Besserung bringen und die Lebensqualität stark eingeschränkt ist, kann ein künstliches Gelenk helfen. Es ist aber kein Automatismus.
Fazit: Arthrose ist nicht das Ende – sondern ein Anfang
Arthrose bedeutet nicht automatisch das Ende von Mobilität oder Lebensfreude. Im Gegenteil: Wer sich frühzeitig informiert, aktiv bleibt und gezielte Maßnahmen ergreift, kann auch mit altersbedingt veränderten Gelenken gut leben – und Schmerzen deutlich lindern.
Eine Operation kann helfen – aber sie ist nicht die einzige Lösung. Vertrauen Sie Ihrem Körper, holen Sie sich professionelle Unterstützung und bleiben Sie in Bewegung.
Es lohnt sich.
Weiterführende Informationen
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