
Mathias Etteldorf
Physiotherapeut und Schmerzspezialist (MSc)Die Dreiecksbeziehung: Schlaf, Stress und Schmerz
Schlaf, Stress und Schmerz stehen in einer Wechselbeziehung, die oft einen Teufelskreis bildet. Wenn Sie schlecht schlafen, steigt Ihr Stresslevel – das ist wissenschaftlich belegt. Gleichzeitig kann ein hoher Stresspegel Schmerzen verstärken. Und die Schmerzen selbst verhindern dann wiederum erholsamen Schlaf.
Aber warum ist das so?
Wie Schlafmangel Stress verursacht und umgekehrt
Schlafmangel führt dazu, dass der Körper vermehrt Stresshormone wie Cortisol produziert. Das bedeutet: Ihr Nervensystem bleibt in Alarmbereitschaft, obwohl Sie eigentlich Ruhe brauchen. Umgekehrt führt chronischer Stress häufig zu Einschlaf- und Durchschlafproblemen. Ihr Gehirn kommt einfach nicht zur Ruhe.
Sie müssen sich das in etwa so vorstellen, dass Ihr Körper durch den ausbleibenden oder schlechten Schlaf nicht zur Ruhe kommt, als würden Sie den ganzen Tag joggen oder Gewichte heben. Fehlt Ihnen jedoch die benötigte Pause zwischen den Trainingseinheiten kommen Sie in den Zustand eines Übertrainings. Obwohl Sie trainieren, wird Ihre Leistung schlechter, Sie werden verletzungsanfälliger und Ihre Konzentration lässt nach.
All diese negativen Konsequenzen kann schlechter Schlaf auch auf Ihre Leistungsfähigkeit im Alltag haben.
Warum Stress Schmerzen verstärken kann
Stress aktiviert Ihr sympathisches Nervensystem – die sogenannte „Kampf-oder-Flucht-Reaktion“. In dieser Phase spannen sich Ihre Muskeln an, Ihr Herz schlägt schneller, die Atemfrequenz erhöht sich und die Schmerzempfindlichkeit steigt. Dieser Mechanismus ist sinnvoll und war in der Steinzeit überlebenswichtig, wenn die Menschen vor gefährlichen Tieren flüchten mussten.
Hält dieser Zustand jedoch über einen längeren Zeitraum an, kann er dazu führen, dass wir Schmerzen stärker spüren bzw. schneller, denn selbst harmlose Reize können in diesem Zustand schmerzhafter als sonst empfunden werden.
Wie Schmerzen wiederum den Schlaf beeinträchtigen
Chronische Schmerzen können den Schlaf massiv stören. Sie finden keine bequeme Position, wachen öfter auf und erleben weniger Tiefschlafphasen. Dieser fragmentierte Schlaf wiederum verschärft das Schmerzempfinden am nächsten Tag – ein echter Teufelskreis.
Zugleich werden Sie angespannter je länger Sie wach liegen, denn Sie wissen, wie wichtig der Schlaf für Sie ist. Das erhöht zusätzlich den Druck, den Sie verspüren und durch die negativen Gedanken fällt es Ihnen zusätzlich schwerer einzuschlafen.
Die physiologischen Mechanismen hinter Stress und Schmerz
Neurophysiologische Erklärung: Stressreaktionen im Körper
Wenn Stress auftritt, schüttet der Körper Hormone wie Adrenalin und Cortisol aus. Diese Hormone aktivieren das sympathische Nervensystem, das für die körperliche Alarmbereitschaft verantwortlich ist. Die Muskeln spannen sich an, und der Blutdruck steigt.
Hält dieser Zustand an, können Verspannungen und muskuläre Schmerzen die Folge sein.
Schmerz als körperliche Stressantwort
Chronischer Schmerz kann selbst zur Stressquelle werden. Der Körper reagiert darauf mit denselben Mechanismen wie bei psychischem Stress: Muskelverspannungen und eine veränderte Schmerzverarbeitung im Gehirn können die Folge sein.
Dabei kommt es zu einer Sensibilisierung Ihrer Sensoren, welche potenziell schädliche Reize aufnehmen. Sind diese empfindlicher, nehmen sie vermehrt eigentlich „ungefährliche“ Reize wahr und leiten diese an unser Gehirn weiter. Dort werden diese Reize als gefährlich interpretiert und in der Folge entstehen Schmerzen.
Geschieht dies über einen längeren Zeitraum, versstärken sich die neuronalen Verbindungen zwischen den einzelnen Gehirnarealen, welche für die Schmerzentstehung verantwortlich sind. Es bildet sich eine Schmerzmatrix, wodurch selbst leichte Reize als schmerzhaft empfunden werden und auf Dauer entstehen durch die überaktive Schmerzmatrix Schmerzen, obwohl die eigentliche Verletzung schon ausgeheilt ist.
Der Teufelskreis: Chronischer Schmerz und Schlaflosigkeit
Dauerhafte Schmerzen führen zu Schlafstörungen, die wiederum das Schmerzempfinden verstärken.
Studien zeigen, dass Menschen mit Schlafmangel eine geringere Schmerzschwelle haben. Der Körper kann sich nachts nicht ausreichend regenerieren, und die muskulären Verspannungen bleiben bestehen. Dem Körper fehlen die wichtigen „Auszeiten“ und unser körpereigenes schmerzhemmendes System funktioniert schlechter.
Behandlungsstrategien: Was hilft wirklich?
Physiotherapie als zentrale Maßnahme
Physiotherapeutische Behandlungen setzen gezielt an Muskelverspannungen und muskulären Überbelastungserscheinungen an. Durch Techniken wie Manuelle Therapie und Faszientraining lässt sich die Muskulatur lockern, was Schmerzen reduziert, und Stress abbaut.
Ein Krafttraining zur gezielten Kräftigung schwacher Muskeln sorgt langfristig dafür, dass muskuläre Verspannungen abnehmen.
Bewegung und Stressabbau kombinieren
Regelmäßige Bewegung ist essenziell. Moderate Ausdaueraktivitäten wie Walking oder Schwimmen fördern die Durchblutung und wirken stressreduzierend.
Dabei werden Endorphine ausgeschüttet, die Ihre Stimmung heben und das Schmerzempfinden mindern.
Entspannungstechniken und Schlafhygiene
Gezielte Entspannungsverfahren wie progressive Muskelentspannung oder Atemübungen helfen dabei, das Nervensystem zu beruhigen. Auch Schlafhygiene spielt eine zentrale Rolle: Ein fester Schlafrhythmus, beruhigende Abendrituale und eine schlaffördernde Umgebung unterstützen die Regeneration.
Sorgen Sie dafür, dass die Lichter in Ihrem Haus vor dem Schlafengehen gedimmt sind und vermeiden Sie es Fernsehen zu schauen in Ihrem Schlafzimmer. Ihr Körper sollte Ihr Schlafzimmer vor allem mit dem Schlafen in Verbindung bringen. Dadurch schlafen Sie schneller ein und Ihre Schlafqualität verbessert sich.
Alltagstipps zur Stressbewältigung
• Pausen einplanen: Gönnen Sie sich regelmäßig kurze Entspannungsphasen.
• Atemübungen: Mehrmals täglich bewusst tief durchatmen. Vor allem die tiefe Bauchatmung eignet sich sehr gut, um runterzukommen.
• Achtsamkeit: Nehmen Sie sich Zeit für kleine, achtsame Momente im Alltag.
Ein Praxisbeispiel: Erfolgreiche Behandlung bei chronischem Schmerz
Der Fall: Rückenschmerz und Schlafstörung
Eine 45-jährige Patientin litt seit Jahren unter chronischen Rückenschmerzen und Schlafproblemen. Der Stress im Arbeitsalltag verschärfte die Beschwerden.
Sie gab an, dass sich ihr unterer Rücken sehr verspannt anfühlte. Sie hatte schon Massage, Osteopathie und Kräftigungsübungen für den unteren Rücken durchgeführt. Jedoch hatten all diese Therapiemaßnahmen keinen durchschlagenden Erfolg.
Therapieansatz
Als sie zu mir in die Behandlung kam, erklärte ich ihr zunächst den Zusammenhang zwischen Stress, Schlafproblemen und Schmerzen. Danach erarbeiteten wir gemeinsam Entspannungstechniken, die sie gut in Ihrem Alltag einbauen konnte wie z.B. kurze Meditationseinheiten oder die tiefe Bauchatmung.
Außerdem arbeiteten wir an ihrer Schlafhygiene. Sie sollte vor dem Schlafengehen eine leichte sportliche Aktivität durchführen, den Fernseher räumte sie aus Ihrem Schlafzimmer und sie achtete darauf, dass sie eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen alle Lichter im Haus dimmte, um ihren Körper „herunterzufahren“, wodurch ihr das Einschlafen leichter fiel.
Die Erfolge
Nach 3 Sitzungen hatte die Patientin weniger Schmerzen und fühlte sich deutlich besser erholt. Es gelang ihr sich kleine Pausen in ihrem Alltag zu schaffen und sie gab auch an, dass sie sich auf der Arbeit besser konzentrieren konnte.
Sie konnte nun 7 Stunden pro Nacht schlafen, wobei sie gut einschlafen konnte und auch keine Probleme mehr mit dem Durchschlafen hatte.
FAQ: Häufige Fragen zum Thema Schlaf, Stress und Schmerz
Warum nehmen Schmerzen nachts oft zu?
Nachts sinkt die Ausschüttung von schmerzlindernden Hormonen wie Endorphinen, wodurch Schmerzen intensiver wahrgenommen werden.
Wie kann ich Schlafprobleme gezielt angehen?
Setzen Sie auf Entspannung vor dem Schlafengehen und vermeiden Sie Blaulichtquellen (z.B. Handy, Fernsehen). Regelmäßige Bewegung am Tag unterstützt die Schlafqualität.
Kann Schmerz Pro meine Schlafqualität verbessern?
Ja, durch gezielte Schmerzbehandlung und muskuläre Entspannung wird der Körper zur Ruhe gebracht. Außerdem erlernen Sie Techniken, wie sie selbst dafür sorgen können, dass Ihr Körper entspannt.
Das kann einen positiven Einfluss auf die Schlafphasen haben und letztendlich auf Ihre Schmerzen und Ihr Stressniveau.
Fazit: Aus dem Teufelskreis ausbrechen
Schlaf, Stress und Schmerz sind untrennbar miteinander verbunden – doch Sie können diesen Kreislauf durchbrechen.
Mit der richtigen Kombination aus physiotherapeutischen Maßnahmen, Bewegung und Stressbewältigung gelingt es, Schmerzen zu lindern und die Schlafqualität zu verbessern.
Starten Sie noch heute, um endlich wieder erholt aufzuwachen!
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